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Jahr 1991

 

Musikexpress/Sounds

 

November 1991

 

Mensch und Maschine

 

Autor nicht angegeben.

 

 

"Wie haben tatsächlich Spaß auf der Bühne, auch wenn es nicht so aussieht." Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Eine Live-Show der Nine Inch Nails ist keine leichte Abendunterhaltung, sonder eher ein Trainingsprogramm für Gehirnzellen auf Gratwanderung. Grausam gut, und weitgehend einem Mann zu verdanken: Trent Reznor ist der 25-jährige Mastermind hinter einem Musikprojekt, dass sich in drei Jahren zum technischen Killerprogramm entwickelt hat. PRETTY HATE MACHINE heißt das erste Tondokument des ganz normalen Wahnsinns eines Einzelgängers, der 1988 einer klassischen Piano-Ausbildung und diversen Brot-Jobs am Synthesizer den Rücken kehrte, um die Schnittstelle zwischen Popmechanismus und Hardcore-Techno zu suchen. 1989 ist das Debutwerk in den USA erschienen, und kam nun mit zweijähriger Verspätung auch in Deutschland auf den Markt. PRETTY HATE MACHINE, mit prominenter Produzentenhilfe von Flood (DEpeche Mode), Adrian Sherwood (Mark Stewart, Tackhead), John Fryer und Keith LeBlanc entstanden, liefert mehr für Herz und Hirn als das Standardprogramm im Regal des durchschnittliche Techno-Freaks. Harte Computer-Rhythmen rappeln im Verbund mit satt eingestreuten Gitarrenriffs, atmosphärische Samples und Keyboardklänge, veredelt von betörenden Hooklines bringen klinische Kälte zum Brodeln und so manchen Computerfeind zu unkontrollierten Körperzuckungen.

 Der Meister indes ist schon wieder einen Schritt weiter: "Wahrheit ist der Grundsatz, man darf den Leuten nichts vorspielen. Wut, Aggression, Haß, Schmerz und auch Liebe kannst du nur ausdrücken, wenn du sie auch wahrhaftig fühlst." Um seine musikalische Weltsicht auch adäquat auf die Bühne zu bringen, hat Trent Renzor vier Musiker engagiert, "von denen ich wusste, dass sie vielleicht nicht die besten sind Instrumentalisten der Welt sind, aber die Gefühle meiner Stücke nachvollziehen können." Unübersehbar, wenn Nine Inch Nails im Quartett die Techno-Arien des Chefs inszenieren, ist kein Instrument sicher. Zwischen Ekstase und Weltuntergang im Stroboskopgewitter, kann dort oben auf der Bühne alles passieren. Etwa, dass Trent Reznor seine eigenen Musiker von der Bühne schubst, oder mal eben seine Lieblingsgitarre zweiteilt. "Wenn meine Energie einen bestimmten Punkt erreicht hat, passieren die Dinge von selber. Über die kaputte Gitarre habe ich mich danach allerdings tierisch geärgert." Seinen friedfertigen Kollegen gibt er notfalls meditative Nachhilfe zur perfekten Besinnungslosigkeit. "Wir haben einen Song im Programm, da muß ich bis zum Schluß immer nur zwei Akkorde spielen," erinnert sich Gitarrist Richard Patrick an seine frühen Lehrjahre bei Meister Reznor, " ich konnte damit überhaupt nichts anfangen, bis Trent sagt: ´Denk nicht an die zwei Akkorde, wenn du spielst, sonder denk nur: Fuck You! Fuck You! Fuck You!' Und plötzlich entwickelte sich aus den zwei langweiligen, nervtötenden Akkorden die pure Aggression. Ich glaube, das erklärt viel von dieser Musik. Es bringt Nine Inch Nails auf den Punkt."

 (mw)

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