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Mai 2005

 

Nine Inch Nails - Die Aufwärtsspirale

 

Autor: Melanie Aschenbrenner

 

 

Auf WITH TEETH, das vierte NINE INCH NAILS-Studioalbum, hat NIN-Mastermind TRENT REZNOR seine Fans lange warten lassen. Der Multiinstrumentalist, Produzent und Pate des Industrial Rock musste zuerst aufräumen, und wer NINs Intensität kennt, ahnt: Es ging ans Eingemachte. METAL HAMMER traf einen schonungslos ehrlichen Trent in Los Angeles.

 Als 2004 nach fünf Jahren relativer Funkstille (von Remixen und Compilations mal abgesehen) Nachricht aus Trents Klanglabor kam, scharrte die Gemeinde mit den Hufen. "Brutal und minimal" werde das neue Werk ausfallen, orakelte Reznor und gab dem Baby vorab den Namen BLEEDTHROUGH. Der ist mittlerweile in den Orkus gewandert, weil er zu sehr an Bilder aus der Tampon-Werbung erinnert, und die angekündigte Grobheit muss man mit der Lupe suchen. Was nicht heißt, dass es WITH TEETH an NIN-typischen Elementen mangelt: Die emotionalen Berg- und Talfahrten, wütenden elektronischen Rock und abgefahrene Sounds - alles da. Es beginnt mit dezenten Drum & Bass-Anleihen auf Dub, endet mit einer bewegenden Klavierballade und ist zwischendrin voller Überraschungen; allein die Selbstzerfleischung fehlt.

 De profundis

 Draußen am Sunset Boulevard hängen bereits die ersten Plakate für das Album: schlichte Grafiken in Schwarzweiß, auf denen das Ninch Inch Nails-Logo über Computer-Codes prangt. Die geheimnisvolle Flaschenpost von der Festplatte wühlt sic dem Betrachter ins Unterbewusstsein und sagt smart: NIN sind wieder da. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

 Smart und stylish ist auch das Interview-Hotel, aber für weiß drapierten Räume und feuchten Träume der Innenarchitekten hat Trent Reznor gerade kein Auge. Er rollt sich auf dem Sofa zusammen, schwarze Sneakers auf den Kissen, schaut über Hollywood und wägt die Frage nach der Sendepause ab, deren Beantwortung nicht leichter wird, nur weil sie in jedem Interview fällt. Fiese Schreibblockaden und nagende Selbstzweifel sind ihm nicht neu (THE FRAGILE kloppte er vor der Veröffentlichung 1999 mehrfach in die Tonne), doch diesmal kam es härter.

 "Als wir die FRAGILE-Tour Ende 2000 beendet hatten", so Trent, "lag klar auf der Hand, dass ich suchtkrank war. Angefangen hatte es mit der Trinkerei, und wenn irgendwo Koks zu kriegen war, sagte ich auch nicht nein. Was wiederum zu noch mehr Suff und totaler Wahllosigkeit in Sachen Drogen führte. Es wurde echt" - tiefer Einatmer - "schlimm, schlimm, schlimm. Ich hasste mich, fand meine Musik total beschissen und sah in nicht mehr einen Sinn. Zum Zeitpunkt war der Tod eine realistische Option. Ich musste offenbar erst an diese Schwelle kommen, ehe ich begriff, dass ich gar nicht sterben wollte. Wieder zu mir zu kommen, war ein Prozess von mehreren Jahren, zwischen der Einsicht, dass mit mir was nicht stimmt und dem eigentlichen Angehen der Probleme. Man wird verdammt gut darin, sich und andere zu bescheißen, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht", grübelt er, "Süchtig eben."

 Dass das 2000er Remix-Album den Titel THINGS FALLING APART trägt, wirkt im Rückblick ein bisschen makaber; andererseits bewegten sich Nine Inch Nails seit jeher auf dem schmalen Grat zwischen Aus- und Zusammenbruch. Trent verstand es wie nur wenige, seine düsteren Momente attraktiv in Szene zu setzten: Er gab dem kalten Sound des Industrial ein menschliches Gesicht und legte seine Finger genau dahin, wo's schön weh tat. Letzteres muss irgendwann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung geworden sein, bis der Exzentriker 2001 die Notbremse zog. Seine Umkehr war mühsam: "Ich wusste nicht, ob ich nüchtern überhaupt noch kreativ sein konnte oder ob mein Gehirn durch die Exzesse schon geschädigt war. Ich hatte furchtbare Angst, wieder Musik zu schreiben. Rückschläge hätte ich zu der Zeit nicht verkraftet, also fing ich an, besser mit mir umzugehen, in kleinen Schritten. Januar letzten Jahres bin ich raus nach L.A. gezogen, habe mir ein Vierspur-Demostudio aufgebaut und gesagt: Du schreibst jetzt jede Woche zwei Songs."

 Diese Disziplin hat sich ausgezahlt: "Gegen Mai hatte ich bereits an die 20 Lieder, die mir gefielen und auf eigenen Füßen stehen konnten - besser jedenfalls als Stücke von THE FRAGILE oder DOWNWARD SPIRAL, die nur im Zusammenhang einen Sinn ergaben." Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Lebenszeichen auf der bis dahin rätselhaften NIN-Website: Der Kontroll-Freak ließ sich auf einmal im Studio über Schulter schauen - und gab seinen Jüngern neben regelmäßigen Updates auch Anlass zur Verwunderung, als er andeutete, das kommende Album werde weniger elektronisch und Songorientierter ausfallen.

Zwischen gestern und morgen

 Nine Inch Nails und Songs? Drei Minuten zum Mitsingen mit Strophe und Refrain? Nicht wirklich. Zwar wirkt WITH TEETH auf den ersten Eindruck hin gefälliger als frühere Alben, und einige Tracks kommen tatsächlich auf klassische Pop-Länge, doch hat Trent an seiner Beethoven-Dynamik festgehalten: Die Stücke leben nach wie vor von der Spannung zwischen laut/leise, industriell/organisch, wütend und sensibel. Dass sie nicht mehr so wild oszillieren wie auf THE DOWNWARD SPIRAL oder THE FRAGILE, steht auf einem anderen Blatt. "Das waren Alben, die zu großen Teilen im Studio geschrieben wurden", erklärt Reznor. "Alle Musik begann damals mit einem Hintergrundgeräusch, einer fixen Idee oder einem Gefühl. WITH TEETH bin ich von einem anderen Winkel aus angegangen, indem ich mich zwang, mehr über Texte und Song-Strukturen nachzudenken als über coole Sounds und Drumloops. Es ist eine andere Arbeitsweise. Ich habe mehr denn je Gewicht auf Melodien gelegt. Das könnte leicht als Schachzug in Richtung Vermarktbarkeit und Mainstream gewertet werden, aber das ist es nicht. Und seinen wir ehrlich: Einen funktionierenden Song zu schreiben, ist verflucht schwer", lacht er.

Stilistisch ist WITH TEETH zu weiten Teilen ein Trip durch Reznors Achtziger-Plattensammlung: Man stelle sich die spröden Sounds von Suicide, Killing Joke und Gary Numan vor, gepaart mit der Kompaktheit von PRETTY HATE MACHINE, mit sägenden Gitarrenriffs, mächtigen Drums und einem Gesang der manchmal so trocken ist, dass er krümelt. "Wenn du jetzt noch The Fall, Pere Ubu und die frühen Public Image Ltd. In die Gleichung wirfst", schmunzelt Trent, "dann bist du nah dran. Als mein Freund Atticus Ross (NIN-Kollaborateur und Programmierer bei 12 Rounds und Error - Anm. d. A.) und ich die neuen Songs aufgenommen und zusammengestellt haben, redeten wir oft über die Bands und ihre unvergleichliche coole Haltung. Gefühlsmäßig sind das die Ecksteine, die wir einbauen wollten - nicht als Rip Off, nur als Einfluss. Dass mich das Ganze an PRETTY HATE MACHINE erinnert, hätte ich noch vor einem Jahr niemandem geglaubt, sondern ´What the fuck, das ist ja furchtbar! ´gebrüllt" rauft sich Trent die Haare.

 "Aber das ist auch ein Zeichen dafür, dass ich bei dieser Platte so viel Selbstvertrauen spürte wie lange nicht mehr. Jedes Mal, wenn mein innerer Zensor zu mäkeln anfing, dieses oder jenes sein nicht Nine Inch Nails, zwang ich mich, es wenigstens zu versuchen - wegwerfen kann man immer noch." Auf diese Weise haben drei Stücke ihren Weg auf WITH TEETH gefunden, die Reznor sich sonst verkniffen hätte: das dramatisch zweigeteilte ´Only´, dann ´Sunspots´, das sich von einem heiseren Flüstern in einen Staubsauger verwandelt, und die erste Single-Auskopplung ´The Hand That Feeds´, ein radiotauglicheres Selbstzitat von `Head Like A Hole´- und damit ein Rückgriff auf 1989. "Bei der Nummer sagte mein Kopf, dass das Stück nicht besonders clever sei, aber ich habe dabei meinem Bauchgefühl vertraut." Sein Instinkt mag recht behalten: Die Single ist für alte NIN-Hasen vermutlich unaufregend, eignet sich jedoch bestens als Einstieg für die Post-FRAGILE-Generation.

 Truppenbewegungen

 Nicht, dass sich Trent in die Song-Auswahl hineinreden ließe. Darüber hinaus eilt dem kreativenverantwortlichen der Ruf vorweg, seine musikalischen Komparsen im Drehtürverfahren auszutauschen. WITH TEETH wurde wie alle NIN-Alben fast solo eingespielt, im Wechsel zwischen Reznors Studios in L.A. und New Orleans. Für die fleischigen Drumparts ging es nach Van Nuys, denn Dave Grohl schwört seit Nirvana-Tagen auf das dortige Sound City-Studio. Dave Grohl? Richtig gelesen, der begehrteste Gastschlagzeuger des rock ist nach Engagements bei Queens Of The Stone Age und Killing Joke nun auch auf der neuen NIN zu hören. Er teilt sich den Schemel mit Jerome Dillon, dem einzigen Überlebenden der ´Fragility´-Tourbesetzung. Zur Endabmischung gesellte sich im Herbst 2004 dann noch der englische Produzent Alan Moulder, ein alter Bekannter aus DOWNWARD SPIRAL- und FRAGILE-Zeiten, "und das war's eigentlich", so Reznor. "Früher fühlte sich die Arbeit an einer NIN-Scheibe oft wie das Ziehen von Zähnen an, aber diese Platte hat sich nicht gewehrt. In der Umsetzung war ich nie schneller."

 Was sicherlich ein Nebeneffekt seiner Renovierungsarbeiten ist, denn er warf auch personellen Ballast über Bord. "Die Band kam mir 2000 aufgebläht vor", erklärt er den Abschied von Gitarrist Robin Finck, Bassist Danny Lohner sowie Keyborder Charlie Clouser, und auch das Allstar-Projekt Tapeworm wurde endgültig ad acta gelegt, ohne je zu Potte gekommen zu sein. Besonder dramatisch verlief die Trennung von seinem langjährigen Manager John Malm: "In dem Nebel, in dem ich ständig war, habe ich nicht gerafft, was sich hinter meinem Rücken an vertragsrechtlichen und finanziellen Schweinereien alles abspielte." Malm und ein Buchhalter sollen ihm NIN-Tantiemen und Gelder aus den Rechten an Reznors 2004 abgewickeltem Nothing-Label vorenthalten haben - kein Klacks, zumal davon auch Veröffentlichungen von Trents früherem Protegé Marilyn Manson betroffen sind. Der Schaden, so heißt es, beläuft sich auf über drei Millionen Dollar.

 Mit dem Bild vom armen reichen Trent, der in seinem viktorianischen Prachthaus in New Orleans (einem ehemaligen Bestattungsunternehmen - passt ja) mit dem Kopf auf der Tischkante liegt und sich anekelt, hat er aufgeräumt: "Als ich nach L.A. kam, habe ich verstanden, dass ich New Orleans als Versteck gewählt hatte. Es war ideal, um vor Dingen wegzulaufen, die mich einschüchterten, vor Menschen und Situationen. Außerdem", grinst er süßlich sauer, " ist New Orleans der beste Ort, um sich zu besaufen."

 Im Anti-Luftkurort fand er neue Spielgefährten: Bassist Jeordie White (alias Twiggy Ramirez, der sich nach der Scheidung von Manson gern mit QOTSA und A Perfect Circle rumtreibt) und Aaron North, zuvor Gitarrist bei The Icarus Line. "Ich hatte vergessen, wie ätzend es ist, passende Musiker zu suchen", sagt Reznor. "Als Aaron zum Vorspielen kam, dachte ich nur, was ist das denn für ein Clown? Dabei mochte ich Icarus Line. Ich hatte nur Bedenken, weil…" Aaron öfter mal von der Bühne fällt? Dort lag er zumindest während ihrer letzten Deutschland-Tour. Trent lacht: "Yeah, genau! Deshalb habe ich mich zuerst gegen ihn gesträubt. Aber kaum fing er an zu spielen, wusste ich: der oder keiner! Ich habe die Live Band mit Blick auf dieses Album zusammengestellt; sie waren ab dem Mixing an Bord, uns sie klingen verdammt hungrig.! Außerdem sollen Jeordie, Aaron, Jerome und Keyboarder Allessandro Cortini am bereits zur Hälfte geschriebenen Nachfolger von WITH TEETH aktiver beteiligt werden - was für Nine Inch Nails ein geradezu revolutionärer Schritt in Richtung Band-Demokratie wäre.

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 Die Nine Inch Nails Live-Exzesse sind berüchtigt und endeten oft in Schlammschlachten und Stromschlägen. Für die ausverkauften US- und UK-Gigs plant Trent jedoch etwas anderes: "Vor allem will ich nicht der kaputte Typ von vor fünf Jahren sein, der sich selbst nur spielt", überlegt er laut. "Wir werden hauptsächlich neues Material und nur die relevantesten der alten Stücke mitnehmen. Wenn ich auf die Setliste gucke, ist da kein Track mehr, bei dem ich würgen muss, und im Vergleich zu früher ist das eine echte Errungenschaft. Wir machen das nicht, um die Leute zu nerven - ´Hey, wir sind cool, und deshalb jetzt noch ein Stück, das ihr weder kennt noch hören wollt!´ - , sondern um nicht zur Selbstparodie zu verkommen."

 Dass viele Fans immer noch eine Selbstzerstörungsmaschine erwarten die sich an den Mauern der Gesellschaft den Kopf einrennt, ist eine Erblast des US-Industrials der alten Schule, unter der die "neuen" Nine Inch Nails genau so laborieren wie Skinny Puppy, Minstry und Marilyn Manson. Den Ausdruck von Anarchie und sexueller Abweichung, für den sie noch Mitte der Neunziger standen, hat ihnen die Unterhaltungsindustrie unter dem Arsch weggekauft und ausgerechnet ´Hurt´, Trents Borderline-Schwanengesang von THE DOWNWARD SPIRAL, ist dank Rick Rubin und Johnny Cash zum kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Rednecks, christlichen Fundis und NIN-Fans geworden. Seltsame Zeiten.

 Entsprechend stecken die aktuellen Texte voller Zweifel: WITH TEETH handelt vom Aufwachen an einem Ort, an dem ihr Erzähler nicht mehr sein möchte, weder mental noch körperlich. Das ursprünglich gedachte Albumkonzept vom "Durchsickern der Wirklichkeit" (daher der erste Titel BLEEDTHROUGH), verwarf Reznor, als sich sein neues Studioregime zu bewähren begann. Wie von Nine Inch Nails gewohnt, sind die Lyrics zentral und persönlich: WITH TEETH bietet Einblicke in Reznors melancholische Psyche und rechnet mit der amerikanischen Gegenwart ab: "Für eine Autowerbung werden sie die Songs jedenfalls nicht benutzen können", schnaubt Trent mit Blick aus dem Fenster, wo gerade der Mittagsstau vorbeikriecht. "Sorry, by the way", hebt er plötzlich hilflos die Hände: "Ich fühle mich immer wieder verpflichtet, mich bei euch für unsere Regierung zu entschuldigen. Die Republikaner und ihre Medien sind gut darin, den Idiotenherden das Gehirn zu waschen: ´Du willst keine schulen Nachbarn, und lobe den Herrn? Wähle Georgen Bush!´ Ganz simpel, das funktioniert garantiert. Es ist eine unschöne und peinliche Zeit, in der wir leben."

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 Der Seiltanz, in einer solchen Atmosphäre künstlerische Integrität zu bewahren, während überall die Kommerzialisierung tobt und die Musikindustrie ihre kritische Masse erreicht hat, ist auch Trent Reznor schwerer geworden. 1999 blieben die Verkaufszahlen von THE FRAGILE deutlich hinter den Erwartungen zurück - wo positionieren sich Nine Inch Nails in der neuen Medienwelt von 2005? "Interessante Frage, besonders angesichts unseres eher sporadischen Auftauchens und der langen Pausen. Mich gruselt es immer ein bisschen, wenn neue Bands Nine Inch Nails unter ihren Einflüssen aufzählen. Heißt das, wir sind keine direkten Mitbewerber mehr, sondern scheintote ´Klassiker´? Da regt sich sofort meine Paranoia. Im Allgemeinen halte ich das musikalische Klima seit Jahren für armselig und deprimierend. Die Schwierigkeiten der Plattenindustrie sind hausgemacht; sie hat sämtliche Entwicklungen verpennt  und für CDs überzogene Preise verlangt. Nun landet die Musik im Internet. Die Industrie schäumt, und teilweise verstehe ich ihre Sorge", räumt der ehemalige Label-Boss ein - schließlich sind trotz oberster Geheimhaltungsstufe zwei neue NIN-Songs illegal im Netz aufgetaucht. Und von US-Radios bereits gespielt worden.

 "Das Problem ist durch globale Gier und die Label-Verschmelzungen komplexer geworden: Statt vieler Labels mit ein paar Bands gibt es jetzt wenige Firmen mit vielen Bands, und neue Künstler werden nur noch gesignt, wenn sie wie Acts klingen, die schon erfolgreich sind. Und blablabla, stopp mich bitte", unterbricht er sich seufzend. "Ich könnte Stunden darüber reden, aber am Ende beißt sich alles in den Schwanz. Was habe ich dieser Entwicklung entgegenzusetzen? Nicht viel - außer Musik, von der ich denke, dass sie nicht wie pasteurisierte Milch klingt und Bestand hat. Natürlich könnte WITH TEETH kommerziell auch komplett scheitern. Das würde mich jedoch nicht wirklich was ausmachen, denn zum ersten Mal in meinem Leben kann ich sagen: Mir ist wohl in meiner Haut, und nicht alles dreht sich um Nine Inch Nails.

 Für kommende Paradigmenwechsel ist er demnach bestens gerüstet, aber als METAL HAMMER Trents bevorstehenden 40. Geburtstag am 17. Mai anspricht, verschluckt sich das dunkle Sexsymbol dann doch: "Danke, dass du mich daran erinnerst", hustet er. Nicht, dass ihn die Vier und die Null in eine Daseinskrise stürzen - aus der kommt er ja erst. Trotzdem stimmt das Datum nachdenklich: "Ich muss unterwegs ein paar Jahre verloren haben, Zeit, dich ich nicht auf Erden war. Mit mehr Selbstmitleid könnte ich das auf meine Suchtkrankheit schieben, doch das ist lahm. Diese Erfahrungen sind nicht rückgängig zu machen, wer weiß, vielleicht waren sie notwendig, damit ich an den heutigen Punkt gelange. WITH TEETH zeigt NIN als ein Wesen, das sich in seiner Zeit zu verändern weiß, und dieses Fazit lässt Trent aufstrahlen: "Schnell, lass dir auf den Satz Copyright geben - sonst nehme ich ihn!"

 Melanie Aschenbrenner

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