NINE INCH
NAILS
Year Zero
UNIVERSAL (16 Songs / 63:52 Minuten)
VÖ: BEREITS ERSCHIENEN
Soundcheck Platz 10
Trent Reznors jüngster Streich
schließt mit der Selbstzerfleischung ab — und geht zum Angriff über. Die
Zielscheibe: ein immer totalitärer werdendes Amerika. Dabei ist YEAR ZERO trotz
thematischer Sprengkraft kein aufwühlendes Album, sondern eher ein langer,
unruhiger Fluss. Kaum ein Song zackt wirklich aus — gerade so, als habe man
schon die Psychodroge Perepin intus, die in Trents Zukunftsvision für rundum
brave Bürger sorgt. Selbst wo es laut, verzerrt und rhythmisch eigen wird,
bricht Reznor nicht zu grundlegend Neuem auf, sondern verharrt in dem selben
Duktus, den er vor 15 Jahren, zu WaxTrax-Zeiten, definieren half — dem
Industriestandard von „kalt“ und „cyber“ eben. Für Fans ist das ganz klar ein
Grund zur Freude: YEAR ZERO besteht aus diskretem Festplatten-Glitschen, Drum
& Bass-Geschepper, Monotonie und Metzelsupp‘, angerichtet im Midtempo, mal
gesäuselt, mal geschrieen. Das ist nicht furchtbar innovativ, macht aber rein
gar nichts, denn der NIN-Musik-Guerrilla geht es in erster Linie um die Story.
Tracks wie ‘Me, I‘m Not‘, ‘Meet Your Master‘ und die Single ‘Survivalism‘
flirren im digitalen Fieberwahn, während man bei ‘Capital G‘ an Trents früheren
Schützling Marilyn Manson denken muss: ein Gummizellen-Twist, benommen herunter
genäselt. Am Ende klingt alles mehr nach Hypnose als nach Hysterie, denn das
„Jahr Null“ neuer Zeitrechnung (2022) steht im Zeichen der Gehirnwäsche, nicht
der Revolte — die kredenzt uns der Meister erst im für 2008 geplanten
Nachfolger.
Melanie Aschenbrenner
(6Punkte)
Für neue Reznor-Alben braucht man
Zeit - für YEAR ZERO ganz besonders. Denn herkömmliche Song-Strukturen wurden
fast komplett für gebrochene Beats und seltsame Sounds geopfert. Das ist zwar
weniger Metal, schließt in Sachen Innovation aber direkt an THE DOWNWARD SPIRAL
an. In Kombination mit der übergeordneten Handlung ist YEAR ZERO ganz großes
Kino, das deutlich über die bloße Musik hinausreicht.
Tobias Gerber (7 Punkte)
Das megalomanische Konzept, das
hinter YEAR ZERO steht, und die aufwändige Graswurzel-Kampagne, die die
Veröffentlichung der CD begleitet, wirken zwar etwas penetrant, aber
musikalisch macht Trent Reznor ziemlich viel richtig. WITH TEETH findet auf
dieser CD nur in Form einiger poppiger Ausflüge statt, ansonsten beherrschen
herrlich zerrissene Beats und bis zur Unkenntlichkeit verfremdete Gitarren die
Szenerie - so muss Industrial Metal 2007 klingen.
Robert Müller (6 Punkte)
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