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April/Mai 2005 (Heft Nr. 36)

 

Nine Inch Nails & Dresden Dolls

 

Autor: nicht angegeben

 

 

 

 

 

31.03.05, UK-London, Astoria

Nachdem die weltweite Fangemeinde, nervlich strapaziert durch eine schier unendliche Durststrecke des Wartens, schon gespannt die Veröffentlichung des neuen NINE INCH NAILS Longplayers ‚With Teeth“ herbeisehnt und erst Anfang Mai Erlösung kommen wird, sollte an diesem denkwürdigen Abend nun wenigstens die langjährige Live-Abstinenz der Götterband im legendären Londoner Astoria ein furioses Ende finden.

Gleich für zwei Termine waren die Industrial-Rock-Götter in ‚good old Britania‘ eingeschwebt, um einmal mehr zu unterstreichen, warum sie weltweit als einer der imposantesten Live-Acts gehandelt werden. Wer sich nicht rechtzeitig mit einer Eintrittskarte versorgt hatte, musste an diesem Abend tief in die Tasche greifen und bei den umtriebigen Schwarzhändlern ein Ticket zu astronomischen Preisen ersteigern. Bereits gegen Mittag war das kultige Venue im Herzen Londons von hungrigen Fans umlungert, die sich dann mühsam durch eine kilometerlange Warteschlangen ihren Weg ins Innere bahnten, um sich zunächst von den Klängen der DRESDEN DOLLS ansprechend in Stimmung versetzen zu lassen. Derweil amüsierte sich die angereiste Presse im Nebenraum bei einem kühlen Bier und den Klängen des neuen Longplayers „With Teeth“, der Großes zu versprechen weiß, aber dazu an anderer Stelle dieser Ausgabe mehr.

Als NINE INCH NAILS gegen 20.30 Uhr die Bretter betreten, hat die brechend volle Halle bereits eine äußerst bedenkliche Betriebstemperatur erreicht. Absolut cool hingegen, ja fast erschreckend unspektakulär, fällt die Bühnenpräsenz bzw. das Erscheinungsbild der Band aus. Man hat sich dezent in schwarz gekleidet und auf jegliche aufwendige Stage-Aufbauten verzichtet. Auch beim Ausleuchten der Bühne setzte man auf einen reduktionistischen Lichteinfall, der mehr verbirgt als exponiert. Somit wird gleich zu Beginn der Show deutlich, dass hier die musikalische Darbietung und das, in puncto Kommunikation mit dem Publikum zurückhaltende, aber dadurch nicht weniger charismatische Auftreten Trent Reznors im Vordergrund stehen. Dabei fällt auf, dass NINE INCH NAILS sich inzwischen mehr denn je als Rock-Act verstehen und sich die Band als Ganzes wesentlich energiereicher präsentiert, was auch das Song-orientiertem neue Material unterstreicht. Auf einleitende Floskeln und Ansagen verzichtet Trent gänzlich und man spürt deutlich, mit welch hohem Anspruch an die eigene Professionalität der Frontman zu Werke geht. Wie so oft hat man den Eindruck, dass er mit jeder Faser seines Körpers die Untiefen seiner lyrischen Ergüsse erneut durchleidet und diese innerliche Katharsis nach außen transportiert und in Energie umsetzt. Im Laufe des Sets mutiert er so zu einem tobenden, schwitzenden Derwisch, der sich seinen Frust von der Seele schreit und die Massen in seinen Bann zieht. Auch Gitarrist Aaron North (Ex-Icarus Line) bringt durch sein agiles, fast akrobatisches Stage-Acting mächtig Power in das Treiben auf der Bühne. Das Publikum tobt und feiert frenetisch Hits wie ‘Terrible Lie‘, ‘March Of The Pigs‘ oder das brachiale ‘Starfuckers Inc.‘. Aber auch die ruhigen Momente dieses Abends zelebriert Trent stimmungsvoll am Keyboard und das anrührende ‘Hurt‘ intoniert das Publikum wie aus einer Kehle und sorgt für wohlige Gänsehaut-Atmosphäre. Dass Trents Stimme inzwischen durch seine Schrei-Ausbrüche in Mitleidenschaft gezogen ist und er nicht mehr jeden zarten Ton exakt trifft, dürfte ihm wohl jeder Zuschauer im mittlerweile siedend heißen Astoria verziehen haben, Bei der Auswahl der neuen Songs (‘You Know Who You Are ‘, ‘The Hand That Feeds‘ (die neun Siegle, erscheint um 18. April) und ‘The Line Begins To Blur‘) setzt man auf die geradlinigen, sehr eingängigen Tracks von „With Teeth“ und trifft damit offensichtlich den Nerv des Publikums. Nach gut zwei Stunden Spielzeit zieht das legendäre ‘Head Like A Hole‘ einen krachenden Schlussstrich und nachdem sich Trent katapultartig seiner Gitarre entledigt, erübrigt sich die Frage nach weiteren Zugaben und der Meister verlässt wortlos die Bühne. Nothing more to be said...

Hier noch die Setlist für alle Komplettisten: ‘The Frail / The Wretched‘, “You Know Who You Are‘, ‘March Of The Pigs‘, ‘The Line Beginns To Blur‘, ‘Piggy‘, ‘Terrible Lie‘, ‘Burn‘, ‘Closer ‘Reptile‘, ‘The Big Come Down‘, ‘Gave Up‘, ‘The Day The World Went Away‘, ‘Suck‘, Even Deeper‘, ‘Wish‘, ‘Hurt‘. ‘The Hand That Feeds‘, ‘Starfuckers Inc.‘ und ‘Head Like A Hole‘.

(PK)

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