Nine Inch Nails
+ Ladytron
München, Zenith
Seit Monaten liegt die
weltverschönernde Fan-Brille schon bereit - jetzt endlich kommt ihr großer Tag:
Trent Reznor ist in der Stadt. Nine Inch Nails werden das Zenith rocken, ein
Abend voll Gefühlskino steht bevor. Hollywood-reif natürlich. Und tatsächlich
gönnt der Meister seinen Fans 22 Songs lang eine Setlist nach Maß, präsentiert
sich in ungeahnter Fitness, gut bei Stimme und mit er aufs knochentrockene
Mindestmaß reduzierten Show. Ganz Rock‘n‘Roll und dabei so schön - da tanzt das
sexy schwarz gekleidete Publikum zu ‘Closer‘ den Partner an, der vorher bei
‘Something I Can Never Have‘ eng umschlungen wurde. Kurze Partnerpause bei
‘Gave Up‘ - man will ja noch Moshen gehen - doch bei ‘Hurt‘ ist wieder alles gut:
Da singen nur noch die Singles. Alle anderen ‚ beschäftigen Mund und Zunge
gerade mal anders. Zwischenzeitlich kommt die Fan-Brille dann doch kurz von der
Nase. Fehler. Irgendwie stimmt da was nicht. Der Sound in Münchens ach so
charmanter Massenhalle ist lange Zeit genau so matschig, Schlagzeug-lastig und
undifferenziert wie fast immer. Außerdem scheint Trent das heimelige Flair der
langen schlauchartigen Location mit ihren freundlich kahlen Stahlträgern nicht
zu mögen. Dass ein Blickkontakt mit den hinteren Reihen nicht möglich ist sorgt
auch nicht für mehr Begeisterung. Ganz im Gegensatz zu den Auftritten in Berlin
oder London nudelt der Maestro das Set daher ziemlich lieblos runter.
Ein kurzer Seitenblick auf die
Kommunikationsstatistik: Zweimal „thank you“ einmal „thank you very much“ – und
schon ist der Verbalkontakt verlustfrei wiedergegeben. Ziemlich mager. Auch die
Show-Effekte, die den Zuschauer während der letzten Touren fast schon das
Mitsingen vergessen ließen, wurden nahezu komplett abgeschafft. Außer einer
netten Licht-Show gibt es nur von der Decke baumelnde Verhörlampen die latent
an Rammstein erinnern dazu zwei Techniker die während ‚The Downward Spiral’ mit
roten Strobos über die Buhne schleichen. In Berlin war das egal - die
verhältnismäßig kleine Columbiahalle wurde zum schweißtreibenden Rock-Epizentrum.
In München klappt das aber nicht. Gut dass Trent Profi genug ist seine Rolle
mindest leidlich zu spielen während seine Kollegen - allen voran Gitarrist
Alessandro Cortini - die wilden Industrial Rocker geben.
Da setzen wir doch lieber wieder
die Heile-Welt-Brille auf und reihen uns ins Kollektivgesinge ein – „head like
a whole, black as your soul I’d rather die than give you control.“ Ach ja schön
war’s. Und Ladytron haben auch gespielt. Vorher natürlich. War aber langweilig
Wir haben ja eh alle auf den Knöpfchen-Gott gewartet.
Tobias Gerber
Setlist
Mr. Self
Destruct
Last
Heresey
March of
the Pigs
Something I
can never have
The Frail
The
Wretched
The
Beginning of the end
Closer
Burn
Gave Up
The
Downward Spiral
Eraser
A Warm Place
Into the
void
No you
don’t
Survivalism
Only
Wish
Hurt
The Hand
that feeds
Head like a
hole
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