Nine Inch Nails / Ladytron
14.03.2007 Köln, Palladium, ca.
4.000 Besucher (ausverkauft)
Endlich ist man auch mal selbst
dabei: Dieses Konzert wird in die Geschichte eingehen. Trent Reznor hat es
selbst gesagt: „Das war vielleicht das meiste, was ich je auf der Bühne
gesprochen habe“, fügte er unter lautem Jubel eben an. Der Grund für das
Mitteilungsbedürfnis des NIN Kopfes liegt im Jahr 1991: „Eines unserer ersten
Konzerte in Deutschland war ein schrecklicher, schrecklicher Fehler. Wir spielten
im Vorprogramm von Guns N‘ Roses“, gestand er vor rund einer Minute.,, Das
Line-up bestand aus Guns N‘ Roses, Skid Row und uns. In Mannheim. Ich weiß noch
nicht einmal, wo das ist. Ich dachte seitdem, Deutschland sei dieser
feindselige Ort mit ausschließlich Leuten. die Würste auf uns werfen.“ Das Köllner
Palladium liegt flach vor lachen „Nun weiß ich, ihr seid nicht alle so.“ Zu
Zeiten seines kommerziellen Durchbruch-Albums „The Downward Spiral“ schlängelte
sich Reznor noch zu minutenlangen Introsounds hinter einem weißen Vorhang an
seinem Mikroständer hoch. Heute beginnen er und seine Band — nach den
durchschnittlichen Synthie-Poppern Ladytron im Vorprogramm — mit dem sperrigen
„Somewhat Damaged“, bevor das Saallicht überhaupt erloschen ist. Es folgt kein
dunkles Konzert. Eher ein offensives. Fast die gesamte Elektro-Punk-EP „Broken“
wird gespielt von einer bei aller Geschwindigkeit technisch beeindruckenden
Band. Vor allem Gitarrist Aaron North trägt neben den Elite Berufsmuckern
Jeordie White und Josh Freese (beide spielen unter anderem bei A Perfect
Circle( das Erbe der wilden Nine-Inch-Nails Live-Shows weiter. Wie ein Derwisch
jagt er über die Bühne, stachelt die anderen an, wirft mit Wasser um sich,
malträtiert die Lampe über ihm und vor allem seine Gitarre, auf die er
teilweise über mehrere Takte einknüppelt, um ihr Rückkopplungen zu entlocken
und sie genau in dem Moment verstummen zu lassen, als Reznor zurück ans
Mikrofon tritt. Und der meint es gut mit „The Downward Spiral“-Fans: „Ruiner“,
„Heresy“, „Piggy“ sowie den grandiosen Non-Album-Track „Burn“ gibt es neben den
Hits „Closer“ und „March Of The Pigs“. Zudem sorgt der fast vergessene „Eraser“
für den einzigen instrumentalen Moment des Abends, bei dem auch die präzise
Lightshow Raum zur Entfaltung bekommt. Die Hoffnungen auf „We‘re In This
Together“, das der Meister dieser Tage erstmals ab und zu live spielt, bleiben
leider vergebens. Dafür gibt es erste Nachrichten aus dem „Year Zero“. Zum
einen in Form des wohl bald vergriffenen Tour-T-Shirts. auf dem die ersten
Schlüssel zum Albumkonzept versteckt sind. Zum anderen spielen Nine Inch Nails
heute die zwei am leichtesten zu verdauenden Songs der Platte „Survivalism“ und
„The Beginning Of The End“. Sie sind rockig, fast punkig und stützen einen
kräftezehrenden Abend, dessen einzige Ruhepole „The Day The World Went Away“
und das anschließende „Hurt“ sind. Fast hatte man angesichts dieses Feuerwerks
aus Licht, Sound und Technik die stillen Nine Inch Nails vergessen. Reznor
zeigt sie heute in alter Manier: unvermittelt, ergreifend und regelrecht
pointiert, Jeder Griff: ein kleines Kunstwerk.
Jochen Schliemann
Setlist:
Somewhat Damaged
Last
Hersey
March Of The Pigs
Piggy
Ruiner
Closer
The Beginning Of The End
Burn
Gave Up
Help Me I Am In Hell
Eraser
Wish
Survivalism
Suck
Only
The Day The World Went Away
Hurt
The Hand That Feeds
Head Like A Hole
|