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Zitate aus dem Buch:

 Marilyn Manson: Long Hard Road Out Of Hell (dt. Ausgabe), erschienen im Hannibal-Verlag.

 S. 180-83

 Ich erinnere mich an einen Abend in Los Angeles, als Trent seiner Freundin gerade den Laufpass gegeben hatte, einer reichen Teenager-Schlampe, die dermaßen von ihm besessen war, dass sie sich seine Initialen auf den Arsch hatte tätowieren lassen. Wir gingen in eine Bar namens "Smalls", wo wir ein paar Mädchen kennen lernten, die ich heute nicht einmal meinen Müll raustragen lassen würde. Aber damals verschwendete ich meine Energien darauf, sie ins Bett zu bekommen, denn ich wusste es nicht besser.

 Eigentlich waren wir gar nicht mal besonders auf Sex aus. Wir wollten einfach unseren Spaß haben, denn unsere Freundschaft hatte ja gerade erst richtig angefangen. Irgendwann sind wir mit diesen zwei fürchterlichen Menschen bei ihm zu Hause gelandet. Eine von ihnen hieß KeIly, wenn ich mich recht entsinne. Das war eine durchaus interessante Information, denn an ihrem Gesicht war nicht so genau zu erkennen, ob sich dahinter ein Mann oder eine Frau verbarg. An diesem Abend sollte jedenfalls ein legendäres Video-Tape entstehen, das mir da nach leider abhanden gekommen ist. Es kursierte unter dem Namen "Kellys Cornhole" ["Kellys Arschloch"]. Du kannst dir sicher vorstellen, worum es darin ging.

 Nein, kann ich nicht. Das musst du mir erklären.

 Nun, erst einmal haben wir zu einem bewährten Trick gegriffen, für den ich mittlerweile ziemlich bekannt bin. Du stellst deinem Feind oder Widersacher ein großes Glas Tequila hin. Du selber schenkst dir nur Bier ein, obwohl du natürlich behauptest, dass da auch Tequila drin ist. Sodann überredest du die betreffende Person, das Glas leerzutrinken, bis sie sich übergeben muss, ohnmächtig wird und schutzlos deinen Misshandlungen ausgeliefert ist. Eine ähnliche Sache ist mir auch einmal passiert, als ich noch jung war.

 Jedenfalls hat es funktioniert. Kelly und ihre Freundin liefen total betrunken auf dem gleichen Rasen herum, auf dem vor mehr als zwanzig Jahren die Freunde von Sharon Tate ermordet worden waren. Die beiden sprangen nichts ahnend in den Swimmingpool, und aus irgendeinem Grund musste ich es ihnen unbedingt nachmachen. Normalerweise passiert mir sowas nicht, denn ich kann nicht einmal schwimmen. So fand ich mich wohl oder übel mit diesem Seebarsch, wie man sie wohl nennen musste, im Wasser wieder - obwohl man sie vom Geruch auch für eine Delfinfrau hätte halten können, und vom Aussehen her für ein Wassermonster. Um zur allgemeinen Unterhaltung beizutragen, fragte ich sie: "Hast du Lust, ein wenig 'Wer berührt wen' mit uns zu spielen? Wir verbinden dir die Augen, und du musst sagen, wessen Hände dich gerade berühren." Trent und ich beförderten den Seebarsch zurück ins Wohnzimmer. Das andere Mädchen war längst ohnmächtig, und hoffentlich ertrank es in seiner Kotze.

 Wie vereinbart, verbanden wir dem Wassermonster die Augen. Oder besser, wir wickelten ihr einfach ein Handtuch um den Kopf und achteten darauf, dass auch ihr Gesicht verdeckt war. Das trug schon einmal erheblich zur Verbesserung unseres Wohlbefindens bei, obwohl auch ihr nackter Körper kein bisschen attraktiver aussah. Alles an ihr war einfach fürchterlich. Wenn ich das hier erzähle, steigt noch immer ein Schamgefühl in mir auf.

 Wir betatschten ihre Brustwarzen und stocherten - was hast du denn da - in ihren Genitalien herum. Wir beide waren so betrunken, dass wir nur noch lachen konnten, aber selbst in diesem Zustand waren wir nicht im Entferntesten so blau wie sie. Im Hintergrund lief ein Ween-Album mit der Zeile "Push the little daisies and make 'em come up" [ die kleinen Schwuchteln, bis es ihnen kommt"], während der junge Trent Reznor und ich mit unseren Pfoten in ihre Gebärmutter vordrangen. Rein theoretisch hätte es ja sein können, dass wir im Inneren dieser bizarren Fischfrau auf die eine oder andere Sorte von Kaviar gestoßen wären. Doch alles, was wir fanden, war ein geheimnisvolles Knötchen an ihrer Darmöffnung. Kann schon sein, dass es sich nur um einen weißen Flaum oder ein Stück Getreide handelte, aber uns fuhr dieser Fund derart in die Knochen, dass wir uns nur noch angeekelt und geschockt ins Gesicht schauten. Trotzdem hielten wir es für unsere heilige Pflicht, diese arme, nichtsahnende Person noch mehr zu erniedrigen. Schließlich schnappte ich mir ein Feuerzug und zündete ihr die Schamhaare an. Sie blieb unverletzt, aber der üble Geruch, der an diesem Schauplatz des Wahnsinns herrschte, hat sich dadurch auch nicht entscheidend verbessert. Leider hat diese Geschichte keinen besonderen Höhepunkt. Später in der Nacht wollte sie nur mit jemandem kuscheln. Daraufhin traten wir beide die Flucht an.

 Hat sie euch wieder einbekommen?

 Es kann gut sein, dass Trent mit ihr hinterher geknutscht hat, denn er hat eine Schwäche für verkommene Frauen. Aber haben wir nicht alle schon einmal ein Mädchen, das total abartig aussieht, in unsere Obhut genommen? Wahrscheinlich hegt man insgeheim die Hoffnung, dass sie am nächsten Morgen besser aussieht. Aber meistens kommt es dann noch viel schlimmer.

 Ich legte mich jedenfalls nach diesem Exzess zur Ruhe, und am nächsten Tag war tatsächlich alles wieder gut. Diese Nacht hatte uns sicher noch ein Stückchen mehr miteinander verbunden…

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 S. 283

 Daisy (Berkowitz) war von den Fortschritten, die er an seinem Vierspur-Gerät machte, so begeistert, dass er die Riffs, die er die ganze Zeit wie ein Besessener aufnahm, auch auf unserem Album hören wollte. "Wormboy" schien dafür am besten geeignet zu sein, denn in diesen Track waren die meisten seiner Ideen eingeflossen. Als er in den Aufnahmeraum ging, um gleich loszulegen, stellte er hoch erfreut fest, dass Trent auch da war. Er saß auf einem Stuhl. Der Rest der Band hing hinter dem Mischpult ab. Von hier aus konnten wir über zwei Fernsehkameras mitverfolgen, was im Aufnahmeraum vor sich ging. Auf dem Bildschirm sahen wir, wie ein völlig aufgeregter Daisy einem zunächst gar nicht mal so uninteressierten Trent seine aufgemöbelte Gitarre vorführte. Trent nahm das Instrument in die Hand, klemmte es sich unter den rechten Arm und schrammte ein paar Mal über die Saiten. Dann zerschlug er die Gitarre an einem der Verstärker gnadenlos zu Kleinholz und übergab sie dem Schicksal, das sie schon vor anderthalb Jahren verdient hatte. Trent verließ den Raum mit gleichgültiger Mine. Daisy stand für einige Sekunden völlig entgeistert da, bevor er aus dem Studio stürmte und sich für den Rest des Tages frei nahm, um erst einmal zu verarbeiten, was gerade geschehen war.

 Damit war unsere Arbeit an Antichrist Superstar in ein neues Stadium getreten. Von nun an waren wir nicht einfach nur unproduktiv, sondern auch hochgradig zerstörerisch. Während der folgenden Tage flog unsere alte Drum Machine aus einem Fenster im zweiten Stock, eine von Trents Studiowänden wurde eingetreten, Twiggys Equipment lag in Trümmern, und Daisys Vierspur-Gerät fand sich bei hoher Temperatur in der Mikrowelle wieder, bis der Stromregler durchgeröstet war und es keine Hoffnung mehr gab, das verfluchte Ding jemals wieder repariert zu bekommen.